BMBF-Projekt KAHR für Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen: Klima-Anpassung, Hochwasser und Resilienz

Wissenschaft-Praxis-Dialog für den Wiederaufbau in den Flutgebieten in Nordrhein-Westfalen, am 07.11.2022 in Aachen

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „KAHR“ veranstaltete am 07.11.2022 in Kooperation mit der Städteregion Aachen und unterstützt durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen den Wissenschaft-Praxis-Dialog.

Der vollständige Projektname von „KAHR“ lautet „Wissenschaftliche Begleitung der Wiederaufbauprozesse nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – Klimaanpassung, Hochwasser und Resilienz“.

In einer kurzen Pressekonferenz erklärte Herr Prof. Schüttrumpf, KAHR-Sprecher für NRW, dass es im resilienten Wiederaufbau nicht nur um den reinen Wiederaufbau der Gebäude und Infrastruktur geht, sondern insbesondere auch darum, wie man sich zukünftig hochwassertechnisch schützen kann. Hier gibt es sowohl technische als auch natürliche Potentiale und Möglichkeiten für den Wasserrückhalt, letztendlich muss dem Fluss aber mehr Raum gegeben und die Schadensexposition reduziert werden. Wichtig sei auch der Objektschutz und die Frage, was jeder Einzelne tun kann, um sich zu schützen.

Aus diesem Grund waren Theo Arenz und Lina Fitz vom HochwasserKompetenzCentrum Köln mit dem Hochwasser-Infomobil vor Ort, um Betroffene und Interessierte zum Thema Eigenvorsorge zu beraten. Ebenfalls war Frau Gisela Heinen von der Unteren Wasserbehörde für Fragen und Anregungen vor Ort und wies darauf hin, dass die Untere Wasserbehörde Bürger gerne berät und vor der Umsetzung von Baumaßnahmen einbezogen werden sollte.  

In einer Vorstellung des Projekts „BMBF-KAHR“ erläuterten die beiden Projektsprecher Herr Prof. Birkmann und Herr Prof. Schüttrumpf anschließend die „10 Empfehlungen aus Sicht der Wissenschaft zum Thema Wiederaufbau und Zukunftsfähigkeit der flutbetroffenen Regionen“, welche im ersten Jahr der Projektlaufzeit erarbeitet wurden. Außerdem wurden erste Ergebnisse der im Ahrtal durchgeführten Haushaltsbefragungen vorgestellt. So waren sich viele Betroffene der Gefährdung durch Hochwasser nicht bewusst und insbesondere die Information der Bevölkerung ist eine zentrale Aufgabe für die Zukunft.

Auch bietet die Befragung und die Forschung im KAHR Projekt zahlreiche Hinweise für die Entwicklung von Anpassungsstrategien im Kontext des Klimawandels und sog. Extremereignisse. Hier können die betroffenen Regionen auch wichtige Vorreiterrollen übernehmen, so Prof. Birkmann der auch Koordinierender Leitautor im Weltklimarat ist (Uni Stuttgart).

Anschließend folgten drei spannende Impulsvorträge aus dem Projekt. Herr Jens Hasse vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) stellte die Referenzkommunen Braunsbach in Baden-Württemberg, Goslar in Niedersachsen, Meißen in Sachsen und Simbach am Inn in Bayern vor. Die Referenzkommunen haben in der Vergangenheit Erfahrungen mit schweren Hochwassern gehabt und bieten einen vom Difu moderierten Erfahrungsaustausch mit aktuell betroffenen Regionen an. So haben die Referenzkommunen beispielsweise Gestaltungsausschüsse eingerichtet, Hochwasservorsorge und Denkmalschutz überein gebracht und Grüne Achsen entlang der Flussläufe geschaffen. Auch wurden Hochwasserfrühwarnsysteme und Bürger-Apps sowie Informationsplattformen eingerichtet.

Herr Prof. Greiving vom IRPUD, TU Dortmund, erläuterte anschließend, wie wichtig eine differenzierte Raumplanung bezüglich vulnerabler Infrastruktur sowie tatsächlicher Exposition ist. Er betonte, dass die heute vorliegenden Informationen bezüglich Wassertiefe und Fließgeschwindigkeiten, welche über die reine Ausweisung von überschwemmungsgefährdeten Gebieten hinausgehen, dringend berücksichtig werden sollten. So könnte die bestehende harte Abgrenzung auf Grundlage der HQ100-Flächen erweitert werden. Außerdem muss die Vulnerabilität der Bebauung bzw. der Infrastruktur beachtet werden -  denn beispielsweise Bewohner*innen eines Altenheims oder ein Krankehaus müssen in besonderem Maße geschützt werden. Nicht zuletzt müssen bei der Vulnerabilität von Infrastrukturen Sekundäreffekte bei einem Ausfall dieser beachtet werden, wie beispielsweise die weitreichenden Folgen durch Stromausfälle.

Im letzten Impulsvortrag stellte Herr Martin Kaleß vom Wasserverband Eifel-Rur die Hochwasserresiliente Stadt- und Gebietsentwicklung für das Einzugsgebiet von Inde und Vicht vor. In diesem Ad-Hoc-Projekt wurde kurzfristig nach der Hochwasserkatastrophe ein Expertenteam gebildet, dass einen Maßnahmenkatalog zur Steigerung der Hochwasserresilienz im Einzugsgebiet von Inde und Vicht zum Ziel hat. Die Vielzahl von Maßnahmenvorschlägen wurden anschließend in die Kategorien „Interessanter Lösungsansatz“, „Guter Lösungsansatz“ und „favorisierter Lösungsansatz“ eingeteilt. Insgesamt wurden aus den gebündelten Maßnahmenvorschlägen 62 Projekte geschnürt, die beispielsweise die Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen, den Ausbau von Rückhalteraum, den Treibgutrückhalt sowie die gezielte Lenkung von Hochwasser beinhalten. Das Ad-Hoc-Projekt ist mittlerweile in das BMBF-KAHR Projekt überführt worden und die Projekte werden entsprechend ihrer Priorisierung gemeinsam vorangetrieben.

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Herrn Dr. Tim Grüttemeier, Städteregionsrat Städteregion Aachen, Frau Oda Keppler, Unterabteilungsleiterin im BMBF, Frau Ministerin Ina Scharrenbach MdL sowie Frau Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin Stadt Bad Münstereifel, wurde die Dringlichkeit der Hochwasservorsorge betont. Unabhängig von bestehenden Fördermöglichkeiten müsse Sinnvolles schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden. Hierzu ist oftmals zunächst der Stellenwert des Hochwasserschutzes gegenüber anderer Interessen zu definieren. Diskutiert wurde ebenfalls über die Grenzen der Hochwasservorsorge, denn nicht überall können vormals betroffene Bereiche freigehalten und dem Fluss Raum gegeben werden. Aber gerade bei einem Wiederaufbau in vermeintlichen Gefahrenbereichen sind weitere Vorsorgemaßnahmen, wie etwa die bauliche Eigenvorsorge, essentiell. Außerdem wurde das Potential der Wissenschaft betont, den zukunftsgerichteten Wiederaufbau zu unterstützen. Hier nimmt die Wissenschaft eine wichtige Rolle bei der Kommunikation und Beratung ein, die aufgrund der engen Vernetzung des BMBF-KAHR Projekts mit Akteuren vor Ort auch wahrgenommen werden kann.

Programm

Fachvorträge

Download: 2022-11-07_Programm und Vorstellung BMBF-KAHR

Download: 2022-11-07_Fachpräsentation_Lessons Learned aus den Referenzkommunen

Download: 2022-11-07_Fachpräsentation_KRITIS, Schutzziele und Schutzstandards

Download: 2022-11-07_Vorstellung Hochwasserresiliente Stadtentwicklung Stolberg und Eschweiler

 

 

Projektbüro NRW

Frau Stefanie Wolf, M.Sc.

Tel:  +49 (0) 241 80 25748
E-Mail: kahr-nrw@iww.rwth-aachen.de

Lehrstuhl und Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der RWTH Aachen University
Mies-van-der-Rohe-Straße 17 | 52074 Aachen


Projektbüro RLP

Frau Tanja Nietgen

Tel:  49 (0) 2641 973 570 
E-Mail: kahr-rlp@iqib.de

IQIB  -  Institut für qualifizierende Innovationsforschung und -beratung GmbH
Wilhelmstr. 56 | 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler

BMBF_logoFONA_logo